Erneuerbare im Aufwind: schon mehrfach bei 100 %!

Schon drei Mal in diesem Jahr – wenn auch an bedarfsschwachen Tagen – haben die erneuerbaren Energien den Strombedarf in Deutschland vollständig gedeckt*. Damit schwankt die Einspeisung der Erneuerbaren von 10 % bis 100 %. „Grundlast“ für Kraftwerke im Sinne eines stetigen Betriebs gibt es damit nicht mehr. Nur Wind und Solarstrom verdreifachen, führt nicht zur Deckung des Bedarfs. Wie geht es dann weiter mit der Energiewende?

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In wenigen Jahren sollen 65 % des Stroms von den Erneuerbaren kommen. Zeiten von Überschuss und Mangel werden sich abwechseln. Die einzige regenerative und steuerbare Energieressource: Biogas wird dann in den Lücken zur Sicherung der Versorgung beitragen – und helfen, „schmutzige“ Strom-Importe oder den Weiterbetrieb fossiler Uralt-Kraftwerke überflüssig zu machen.

Im Umkehrschluss gilt, dass auch nur solche flexiblen Biogas-BHKW eine Zukunft haben, die das können. Versorgungslücken werden zwar erst aufkommen, wenn in den Zwanziger­jahren sowohl die restlichen Atomkraftwerke als auch die älteren Kohle­kraftwerke endgültig abgestellt werden.

Erst dann werden die innerdeutschen Erzeugungs­kapazitäten knapp. Derzeit selten genutzte Gasturbinen und wenig ausgelastete GuD-Anlagen müssen und können dann mehr Strom liefern. Dieser wird deutlich teurer sein.

Weitere Erzeugungskapazitäten müssen für Dunkelflauten hinzugebaut werden. Der technische Vorlauf für den Neubau von großen Kraftwerken ist sehr langwierig. Die Politik und Investoren sind gut beraten, sich beizeiten darauf einzustellen. Eine kostengünstige Möglichkeit ist, Biogas am Netz zu halten und den Umbau zu fördern.

Die Bundesregierung ziegt sich bisher überzeugt, dass man Erzeugungslücken über lange Leitungen mit Stromimporten oder oder notfalls mit fossilen Reservekraftwerken decken könne. Es sei noch Zeit genug, den europäischen Energiemarkt weiter auszubauen und entsprechende Grenzkuppelstellen und Fernleitungen zu installieren. Sollten dennoch Kapazitäten fehlen, dann könne man die außer Dienst gestellten Kraftwerke als Reserve nutzen – für so wenige Betriebsstunden fallen die CO2-Emissionen nicht ins Gewicht.

Wichtig sei, so die Überzeugung der „energy-only“-Markttheorie, dass sich die Preise frei bilden könnten. In den Zeiten hoher Residuallast würden die Strompreise dann eben deutlich teurer als heute. Das entsprechende Marktsignal führe dann dazu, dass die gesellschaftlich günstigste Flexibilitätsoption zum Zuge komme. Das könne dann das Abschalten flexibler Lasten sein, alte Kohlekraftwerke, selten genutzte Gaskraftwerken oder eben Biogasanlagen mit hoher Spitzenleistung. Es sei die Aufgabe der Regierung und ihrer Institutionen (Bundesnetzagentur), für einen fairen Wettbewerb mit möglichst unverfälschten Marktsignalen zu sorgen, sowie für ein „leveled plying field“ mit diskriminierungsfreiem Marktzugang. Idealerweise werden der Emissionshandel für einen CO2-Preis sorgen, durch den der Markt dann schon von selbst die klimaschädlichsten Varianten durch hohe Betriebskosten belastet.

Doch steht bisher keineswegs fest, dass die Regierungen in der Lage sind, wirksame marktwirtschaftliche Instrumente für den Klimaschutz auf den Weg zu bringen – die bisher unzureichende Mengensteuerung im Europäischern Emissionsrechtehandel spricht dagegen.

*) Richtig ist: Neujahr, 1. Mai und Pfingstmontag waren Feiertage mit geringer Last. Am 1. Mai kamen immerhin 54 GW aus Wind, Sonne und Biogas. Nur einen Tag später betrug aber die Residuallast fast 60 GW, am Freitag vor Pfingsten lag die Ernte aus Wind und Sonne sogar nur um 1 GW. Die Höchstlast liegt bei gut 80 GW. In jedem Fall fielen die Strom-Börsenpreise ins Minus – am 1. Januar waren es 16 Stunden in Folge. Bis über eine Million Euro pro Stunde kostete es, den Überschussstrom aus unflexiblen konventionellen Kraftwerken loszuwerden. Gleichzeitig wird stetig ununterbrochen mehr als eine halbe Million Euro pro Stunde aus dem EEG-Umlagetopf für Strom aus Biogasanlagen gezahlt. (Quelle SMARD/BMWi. Das Agorameter kommt zu leicht abweichenden Ergebnissen.)