Systemdienstleistungen (SDL) im Stromnetz sind alle Maßnahmen, die die Frequenz, Spannung und Belastung der Netzbetriebsmittel innerhalb der zulässigen Grenzwerte halten bzw. nach Störungen wieder in den Normalbereich zurückzuführen. Ziel ist es die Qualität, Zuverlässigkeit und Sicherheit der Stromübertragung und –verteilung zu gewährleisten. Es ist eine Besonderheit des Stromnetzes, dass die Einspeisung und die Entnahme von Strom immer sehr genau ausgeglichen sein müssen, damit die Frequenz des Wechselstroms (50 Hz = 50 Schwingungen pro Sekunde) exakt eingehalten wird.

Von den Akteuren am Strommarkt wird grundsätzlich verlangt, die von ihren Erzeugern eingespeisten und die an ihre Verbraucher abgegebenen Strommengen in jeder Viertelstunde in ihrem „Bilanzkreis“ genau gleich zu halten. Gelingt dies nicht,. z.B. wegen unvermeidlicher Prognosefehler muss der Übertragungsnetzbetreiber eingreifen und das Netz mit Regelleistung stabilisieren. Dafür müssen zeitweilig Stromerzeuger oder Verbraucher an- oder abgeschaltet werden. Die Kosten dafür bekommt der Direktvermarkter, dessen Vertragsanlagen solche Ungleichgewichte verursachen, als Ausgleichsenergie in Rechnung gestellt. Diese sind daher motiviert, durch möglichst genaue Prognosen die Differenzen klein zu halten.

Direktvermarkter nutzen zunehmend den kurzfristigen Intraday-Handel der Strombörse, um bis kurz vor dem Lieferzeitpunkt fehlende oder überschüssige Mengen auszugleichen. Flexible Biogas-BHKW können hier sehr nützlich sein und durch veränderten Start- oder Stoppzeitpunkt oder durch Betriebspausen mit geringem Aufwand zusätzliche Erträge erwirtschaften. Das senkt wiederum den Bedarf an Ausgleichsenergie.Ähnliches gilt, wenn die geschlossenen Handelskontrakte wegen Leitungsengpässen im Übertragungsnetz nicht ausgeführt werden können. Dann werden Erzeuger vor der der Engpassstelle gedrosselt und hinter der Engpassstelle wird zusätzliche Leistung ans Netz genommen („Redispatch“).

Für die stabile Frequenz sorgen die Netzbetreiber mit der Momentanreserve aus rotierenden Massen. Doch auch die Netzspannung muss auf den verschiedenen Netzebenen in einem möglichst engen Korridor bleiben, damit das gelingt.

Der Großteil dieser Systemdienstleistungen wird über den Regelleistungsmarkt gehandelt. Die vier Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland schreiben Kraftwerkskapazitäten im Markt aus, die dafür bereitstehen, nach Bedarf des Stromnetzes zur Spannungshaltung ihre Leistung zu steigern oder zu drosseln.

Flink regelbare Kraftwerke, Batterien und Power-to-Heat-Aggregate können sich an den Ausschreibungen für Regelleistung beteiligen. Die Bereitschaft dazu wird bereits mit einem Leistungspreis belohnt. Wird die Leistung abgerufen, kommt noch ein Arbeitspreiserlös hinzu (nicht bei Primärregelleistung). Regelleistung kann auch von Biogas-BHKW erbracht werden, um kurzfristige Versorgungsschwankungen auszugleichen. Biogas-BHKW können zwar sehr flink an- und abgeschaltet bzw. in der Leistung variiert werden. Doch sinkt der Wirkungsgrad im Teillastbetrieb. Die Motoren verschleißen bei vielfachen Starts schneller.

Zudem sind die  Preise für Regelleistung aktuell stark verfallen.

Innerhalb des Regelleistungsmarktes wird zwischen verschiedenen Produkten unterschieden:

  • Mit der Primärregelleistung (PRL) werden drohende Frequenzschwankungen im Netz sekundenschnell ausgeglichen. Bei einer gewissen Abweichung vom Sollwert müssen die Regelleistungsanbieter ihre Einspeisung automatisch gegenläufig ausregeln. PRL erfordert von BHKW-Betreibern einen stetigen Teillastbetrieb (z.B. 80 %), von dessen Sollwert aus die Einspeisung gesteigert oder gesenkt werden kann (z.B. +/- 20 %, auf 60 – 100 % der Höchstleistung). Dieser stetige Betrieb schließt BHKW von der Flexibilität am Spotmarkt aus.
  • Sekundärregelleistung (SRL) und Tertiärregelleistung („Minutenreserve“, MRL) wird vom Anlagenbetreiber bereitgehalten und über den Direktvermarkter (Poolbetreiber) mit einer Fernsteuerung automatisiert abgerufen. Die Inanspruchnahme wird mit einem zusätzlichen Arbeitspreis vergütet.
  • Positive MRL und SRL werden durch die Bereitstellung zusätzlicher Leistung erbracht. Das können z.B. ruhende BHKW leisten.
  • Negative Regelleistung wird durch die Verringerung der Einspeiseleistung oder durch zwischenzeitliche Stromverwertung außerhalb des Netzes (z.B. Beheizung eines Wärmespeichers, „Power-to-Heat“) bereitgestellt.

MRL muss mit 15 Min. Reaktionszeit geliefert werden. Sie wird in 4-Stunden-Blöcken gehandelt. Die Erlöse sind sehr gering.

SRL erlaubt max. 5 Min. Reaktionszeit, gehandelt in 12-Stunden-Blöcken HT/NT. Die Auktion erfolgt wöchentlich, sodass der Bieter sich für die bezuschlagte Zeit festlegt.

Weitere Systemdienstleistungen sind die Lieferung von Blindleistung, die allerdings regulatorisch geregelt und auch von BHKW abgefordert wird.

Schließlich gilt als wichtige Fähigkeit von dezentralen Biogas-BHKW, dass bei einem möglichen Netzzusammenbruch auch ohne Spannung im Netz zur Wiederinbetriebnahme beitragen können. Für diese Schwarzstartfähigkeit genügen kleinere Umbauten an den Bestandsanlagen, doch existiert bisher kein Geschäftsmodell dafür.

BHKW mit einem Biogasspeicher für mehrere Betriebsstunden sind stattdessen besonders für die Sicherung der Residuallast geeignet, also für den täglichen Ausgleich von fluktuierender Erzeugung und schwankendem Verbrauch. Dafür wird die Erzeugung in Spitzenlaststunden gesteigert und die Anlage nach einem Fahrplan betrieben, der sich nach den Preisen am Spotmarkt richtet.